Fließendes Wasser ist heute eine absolute Selbstverständlichkeit. Wie Otto-H. Harders erzählt, war das vor nicht allzu langer Zeit noch nicht so:
„Als mein Großvater 1929 unser Haus an der Schützenstraße baute, gab es hier noch keine Wasserleitung, Es war also erforderlich, einem Brunnenbauer den Auftrag zu erteilen, beim Wohnhaus eine Pumpe zu installieren, mit der man hygienisch einwandfreies Grundwasser fördern konnte.
Ein Förderrohr wurde bis in die Tiefe von 32 Metern in den Untergrund eingebracht. Durch dieses Rohr führte ein Metallgestänge zum unterirdischen Pumpenfuß. Außerhalb des Erdbodens hatte die Pumpe eine Form, wie sie auch heute noch in manchen Vorgärten als Zierrat zu sehen ist. Allerdings war unsere Pumpe über zwei Meter hoch, und eine mehrpfündige Metallkugel am Pumpenschwengel bildete das Gegengewicht zu dem schweren Gestänge.
Die Bedienung der Pumpe forderte schon einige Kraft. 14 mal musste man nach meinen Erfahrungen den Schwengel zügig auf und ab bewegen, ehe ein Wassereimer gefüllt war. Kleinere Kinder ‘hatten an der Pumpe nichts verloren’. Die Furcht vor Beschädigungen und teuren Reparaturen war zu groß.
Für Frauen war das ‘Wasserholen’ eine echte körperliche Anstrengung, und für die Vorbereitung eines Waschtages galt das in noch größerem Maße. Deshalb füllte mein Vater am Abend vor dem Waschtag den großen Waschkessel und alle Baljen [ein Waschzuber aus Fassdauben] mit Wasser.
Während des Krieges – mein Vater wurde 1940 zum Militär eingezogen – bedienten meine Mutter und ich gemeinsam die Pumpe, bis ich als 13- oder 14-jähriger groß und kräftig genug war, diese Arbeit allein zu verrichten.
Es war wohl nach dem Krieg, als die Häuser in der Schützenstraße an die neue Wasserleitung angeschlossen wurden. Damit verbunden war das Gebot, eigene Wassergewinnungsanlagen stillzulegen. Mein Vater hat damals die Pumpe entfernt.“