„Feuer – Feuer“ … dieser Ruf verbreitete in früherer Zeit in den Dörfern Angst und Schrecken. Eckart Bünning erzählt die Geschichte von einer Naturgewalt und ihrer Bekämpfung in Reinbek ab dem 18. Jahrhundert:
In der Zeit vor der Entstehung von Feuerwehren auf dem Land konnte man dem Feuer nichts entgegensetzen. Pumpen gab es dort nicht. Gab es genügend Einwohner – auch Frauen und große Kinder mussten helfen – bildete man eine Menschenkette zum nächsten Brunnen oder zu einer Wasserstelle und reichte Eimer für Eimer zu seinem Nachbarn weiter, bis am Ende der Kette ein paar beherzte Männer das Wasser in die Flammen gossen und so versuchten, das Feuer zu löschen. Das reichte in den meisten Fällen nicht, um ein brennendes Haus zu retten. Wie oft sprang das Feuer von einem Haus auf das nächste über. Beim Bau der Häuser wurde viel Holz verwendet und die Dächer waren mit Stroh eingedeckt, dadurch gerieten sie sehr leicht in Brand.
Man konnte sich eigentlich nur darauf beschränken, Hab und Gut zu bergen und versuchen zu verhindern, dass das Feuer nicht auf die Nachbarhäuser übersprang. Wer betroffen war, stand vor einem rauchenden Trümmerhaufen und musste sehen wie es weiterging. In der ersten Not halfen die Nachbarn, aber auf Dauer war ein eigenes Dach über dem Kopf notwendig.
Damit die durch Feuer betroffenen Menschen in ihrer Not nicht alleine blieben, bildeten sich Ver-sicherungen auf Gegenseitigkeit. Für das Amt Reinbek wurde 1703 die so genannte „Neue Brandgilde“ ins Leben gerufen: Hedewig-Sophie, Erbprinzessin und Herzogin von Holstein erkannte die von „Unser Ambtmann und besonders Lieben und getreuen Grafen von Dernaths vorgelegte und vom Ambtsschreiber Lodde entworfene Verordnung einer neuen Brandgilde für die Ambtseingesessenen als dienlich und profitabel an.“
Die bis dahin bestehenden Gilden von Stapelfeld und Steinbek wurden aufgelöst. Die neue Gilde war eine Zwangsgilde, der jeder Hausbesitzer angehören musste. Der Wert seines Gebäudes wurde von der Gilde festgelegt. In einem Schadensfall hatten die Mitglieder einen Umlagebetrag zu zahlen, der sich anteilmäßig nach dem Wert ihres Hauses richtete. Dadurch war es dem vom Brand Betroffenen möglich, seinen Besitz wieder aufzubauen.
Mit der Gildeverordnung waren Auflagen für einen besseren Brandschutz in den Dörfern verbunden. So hatte jeder Hausbesitzer Löscheimer anzuschaffen, in größeren Häusern musste eine Leiter bereit liegen, ebenso kurze brettartige Leitern, die auf dem Dach als Auftrittsfläche eingehakt werden konnten. Auch mussten Feuerhaken vorhanden sein, mit denen brennendes Stroh von den Dächern gerissen werden konnte. Der Umgang mit offenem Licht auf den Dachböden wurde verboten, Bauvorschriften für Herde, Schornsteine und Backöfen wurden erlassen und es erfolgte in regelmäßigen Abständen durch eine Kommission aus Fachleuten eine so genannte „Brandschau“, um die angeordneten Maßnahmen zu überprüfen.
Das alles zeigte schon bald eine Wirkung. Der Schadensersatz nach einem Brand weckte aber auch Begehrlichkeiten. Lag es nicht auf der Hand, ein marodes Gebäude anzuzünden, um wenigstens den Grundstock für ein neues Gebäude zu bekommen? Wie sagt der Sohn zu seinem Vater, die beide in bester Absicht bei einem Gewitter auf dem Dachboden sind: „Vadder, weer de Dunnerslag dull genog, sall ick nu ansteken?“. Später hieß es dann, das Haus wurde durch Blitzschlag eingeäschert.
Eine geringe Verbesserung der Brandbekämpfung trat in Reinbek ein, als das Amt Reinbek etwa 1850 eine Handdruckspritze anschaffte, die im Schloss stationiert war. Auf dem weiten Weg in die Amtsdörfer Stapelfeld, Braak oder Langelohe kam die von Pferden gezogene Spritze allerdings meistens zu spät.
Große Feuersbrünste kamen noch am Ende des 19. Jahrhunderts zum Beispiel in Schönningstedt und Ohe vor, bei denen viele Bauernhäuser in Flammen aufgingen. Als Folge dieser Großbrände wurden schließlich die Freiwilligen Feuerwehren gegründet und mit Handdruckspritzen ausgerüstet. Trotzdem kam es 1938 in Stemwarde zu einem großen Brand, bei dem mehrere Bauernstellen abbrannten. Mehrere eingesetzte Motorspritzen, zum Teil aus Hamburg angerückt, konnten die Feuersbrunst nicht verhindern.
Diese großen Brände brachten es mit sich, dass in den betroffenen Dörfern kaum noch alte Bauernhöfe vorhanden sind. Die abgebrannten Höfe wurden nach modernen Gesichtspunkten wieder aufgebaut und haben dadurch zu einer Dorferneuerung beigetragen.
Die Feuerwehren trugen aber auch einen wesentlichen Anteil am kulturellen Leben im Dorf. Abgesehen davon, dass durch die Zusammenkunft bei den regelmäßigen Übungen und Versammlungen die Dorfgemeinschaft gefestigt wurde, veranstaltete man in den Wintermonaten einen Tanzball oder eine Maskerade. Alle Dorfbewohner konnten teilnehmen und hatten ihr Vergnügen. Aus Nachbardörfern kamen Besucher und man ging zum Ball dorthin. Im Sommer, meistens nach der Heuernte, fand noch einmal eine Übung mehrerer befreundeter Wehren, die mit einem Tanzfest endete, unter großer Anteilnahme der Einwohner statt.
Inzwischen bestehen die Reinbeker Feuerwehren über 100 Jahre. Die technische Ausrüstung hat sich wesentlich geändert. Nach wie vor sind Frauen und Männer aus der Einwohnerschaft bereit, für die Gemeinschaft tätig zu sein, und haben sich freiwillig zum Dienst in der Feuerwehr verpflichtet. Sie bilden eine schlagkräftige Einheit. Das kulturelle Leben bereichern sie durch vielerlei Aktivitäten. Oster- und Sonnenwendfeuer, Maibaumfest, Tage der offenen Türen und viele andere Tätigkeiten geben den Einwohnern Gelegenheit teilzunehmen, sich kennen zu lernen und die traditionelle Ortsgemeinschaft zu fördern.