Vor allem in Krisen- und Kriegszeiten, wenn Nahrungsmitteln knapp waren, mussten Menschen sich selbst ihre Nahrung selber anbauen. Doch was, wenn man keinen Garten hatte? Dann schaffte ein Kleingarten Abhilfe. Von den Schrebergärten Reinbeks erzählt Peter Wagner:
In ländlichen Räumen wie Reinbek brauchte man nicht so dringend Gartenkolonien. Hier war meist genug Platz vor oder hinter dem Haus, um Beete zu bewirtschaften. Das änderte sich, als nach dem 1. Weltkrieg die Zeit der Not anbrach und auch die Menschen auf dem Lande erfasste. Im Amtsblatt der Regierung zu Schleswig heißt es deshalb 1919:
„Die Kleingarten- und Kleinpachtlandverordnung verfolgt soziale, wirtschaftliche und gesundheitliche Zwecke. Daneben eröffnet sie Wege zur Befriedigung des neuerdings besonders dringlichen Bedürfnisses nach Landzuteilung zur Kleingartennutzung.“
In diesem Zusammenhang wurden an sämtliche Herren Gemeindevorsteher Vordrucke mit 14 Fragen verschickt, die die Versorgung der Minderbemittelten mit Pachtland betraf. Man wollte nach dem Krieg damit vor allem die Ernährungsschwierigkeiten beseitigen. Die Menschen sollten angehalten werden, Kartoffeln, Kohl und Gemüse anzubauen, oder eventuell sogar sich eine Ziege oder eine Kuh zu halten.
In Reinbek wurde daraufhin der Gemeindevorsteher Kleist tätig, verhandelte mit den Landbesitzern Schaumann, Puls, Keck, Vierkant, Schreck und Wulff und konnte erreichen, dass sie der Gemeinde Pachtland für die Kleingartennutzung zur Verfügung stellten. Insgesamt meldeten sich über 200 Reinbeker Bürger, die einen Garten bewirtschaften wollten. Darunter zum Beispiel auch der Barbier Bethause, die Tischler Rump und Rosemann, Schuster Wollschläger, Fischhändler Puphal, Schmied Dobberkau und Milchhändler Kröger. Wenn man bedenkt, dass Reinbek seinerzeit etwa 2.000 Einwohner hatte, kann man ermessen, wie groß das Interesse, vor allem aber wie groß die Not war.
Am 7. Oktober 1922 wurde in Reinbek der erste Schrebergartenverein gegründet. Die Gemeindevertretung erklärte sich einverstanden, den bisher zu Kleingartenzwecken verwendeten Boden an den Verein zu verpachten. Es handelte sich hierbei um Land
— vom Grundbesitzer Thun, belegen an Schulstraße und Schönningstedter Straße;
– vom Landmann Wulff;
– vom Kaufmann Westphalen;
– vom Fuhrmann Puls;
– vom Amerikaner Meyer aus New-York;
– von Herrn Elbinghaus;
– vom Gastwirt Schreck;
– von den Erben Kück;
– vom Gutsbesitzer Schaumann, belegen bei der Schatzkammer.
In der Gartenordnung heißt es u.a.:
„Jeder Garteninhaber muss seine Ehre darin suchen, seinen Garten und seine Laube so einzurichten, dass sie zum guten Aussehen der ganzen Anlage beitragen. Die Lauben müssen eine nette Form und einen freundlichen Anstrich haben. In die verdeckten Abortanlagen dürfen nur Eimer aufgestellt werden, die oft zu entleeren sind. Die Fäkalien sind stets mit Erde oder Torfmull zu beschütten.“
Im und nach dem 2. Weltkrieg war die Versorgungslage der Menschen – wie bereits 1919 – wieder sehr schlecht. Daher appellierte das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Schleswig-Holstein an alle Landräte und Bürgermeister, aufgrund der schwierigen Ernährungslage möglichst für jede Familie ein Stück Land auf Pacht bereitzustellen. In manchen Orten erfolgte daraufhin sogar die Bewirtschaftung von Grünflächen. In Reinbek verwandelte sich zum Beispiel der Dreiecksplatz (heute Rosenplatz) in Beete.
1947 sagt die Statistik über die Kleingärtner in Reinbek folgendes:
500 Personen hatten Land von der Gemeinde gepachtet,
500 Personen hatten anderweitig Land gepachtet,
1000 Menschen waren im Besitz eines eigenen Gartens.
Ein Kuriosum stellt eine seinerzeitige Verordnung dar, wonach kleine Mengen Tabakpflanzen in Gärten gezogen werden durften. Ursache war der Mangel an Tabak und Zigaretten nach dem Krieg. Allerdings musste der Anbau bei der Gemeinde gemeldet werden und auch Steuern waren dafür zu entrichten.
Am 3. Oktober 1952 wurde dem Kleingärtnerverein Reinbek die Gemeinnützigkeit zuerkannt. Der Magistrat beschloss 1953, ca. weitere 4000 qm nicht bebautes Gelände an den Kleingartenverein zu verpachten. So entstand die Gartenanlage am Schneewittchenweg. Das Jahr 1959 hätte fast das Aus für die Gärten dort bedeutet. Bei den Stadtplanern war der Gedanke im Spiel, dort eine Schnellstraße auszubauen (die heutige K 80).
1960 hatte der Kleingärtnerverein Reinbek e.V. 112 Mitglieder
— 13 am Krähenwald
– 47 am Friedhof Klosterbergenstraße /Kleekoppel Westphalen
– 43 auf dem Areal von Soltau (beim jetzigen Schulzentrum)
– 9 am Schneewittchenweg.
Im Jahr 1963 kam es dann zum Vertragsabschluss zwischen Stadt und Verein über einen Generalpachtvertrag der Dauerkleingartenanlagen in Reinbek. Und schließlich erfolgte im Juni 1964 die feierliche Einweihung und Namensgebung des Kleingartengeländes „Beim Karolinenhof“ durch Bürgermeister Körner. Der vorgeschlagene Name „Gergenbüscheade“ wurde verworfen. In der Kolonie „Am Krähenwald“ wurde zur gleichen Zeit eine Wasserleitung gelegt, und die Stadt erlaubte (als Verpächterin) die Haltung von Kleintieren in allen Gärten. 1970 wurde erstmalig der Pachtzins von 4 Pfennig auf 6 Pfennig pro qm und Jahr erhöht.