Als Eckart Bünnings Freund Heino den Haushalt seiner Eltern aufgelöst hatte, stieß er im Keller auf eine alte Milchzentrifuge, mit der Rahm von der Milch getrennt wurde. Da kamen viele Erinnerungen aus der Kinderzeit hoch:
„Meine Eltern lebten sehr naturverbunden und gesundheitsbewusst. Vor dem Krieg kauften sie sich auf dem Lande ein großes Grundstück. Im Garten wurde alles Obst und Gemüse für den eigenen Haushalt angebaut. Sogar ein Stück Land mit Weizen und Mais für die Hühner war vorhanden.
Im Herbst wurden Obst und Gemüse sorgfältig für den Winter eingelagert. Die Äpfel wurden gepflückt, in den Keller gebracht und dort auf die extra dafür angefertigten Roste aus Holz gelegt. Sie wurden vorsichtig behandelt, damit sie keine Druckstellen bekamen. Wurzeln und Sellerie kamen in Kisten, die mit Sand gefüllt waren. Bohnen, Mais und Küchenkräuter wurden am Strauch unter dem Dachüberstand des Schuppens zum Trocknen aufgehängt. Ein paar Zentner Kartoffeln für den Winter wurden bei einem Bauern im Dorf dazugekauft.
Meine älteren Geschwister und ich mussten oft bei der Gartenarbeit helfen. Damals empfand ich es als Last, heute muss ich allerdings sagen, dass wir dadurch sehr an die Natur herangeführt wurden und ich heute die Natur sehr viel aufgeschlossener erlebe. Meine Eltern fuhren jeden Tag, egal welches Wetter war, mit dem Fahrrad von Glinde nach Hamburg ins Geschäft, das in der Nähe des Hauptbahnhofes lag.
Zu dem Grundstück gehörte eine kleine Wiese, die an den Garten grenzte. Darauf hielten wir zwei Ziegen und einige Schafe. Die Ziegen waren an einer langen Kette angebunden. Wenn sie auf ihrem Platz das Gras abgefressen hatten, wurde ihr Standort um einige Meter weiter verlegt. Mitunter liefen sie im Kreis um den Pflock herum und dabei drehte sich die Kette auf. Sie meckerten dann ganz jämmerlich und wir liefen hin, um sie loszumachen. Auf der Wiese hielten wir auch einige Gänse und Enten. In den Kriegs- und Nachkriegsjahren hatten wir durch die Gänse und Enten zusätzlich etwas Fleisch. Es wurde nicht auf die Lebensmittelmarken angerechnet, dafür bekamen wir aber auch keine Futterzuteilung. Im Frühjahr legten die Enten ihre Eier versteckt in Gras- oder Binsenbüschel. Wir gingen dann abends über die Wiese und suchten Enteneier.
Die Schafe wurden einmal im Jahr von meiner Mutter und den größeren Schwestern geschoren. Sie verspannen auch die Wolle und strickten daraus Strümpfe und Pullover. Besonders die Strümpfe kratzten so sehr, dass ich sie nicht tragen mochte. Ziegen und Schafe wurden jeden Tag gemolken. Das hatten wir Kinder abwechselnd zu machen. Die Ziegen waren sehr störrisch und mochten nicht gemolken werden. Manchmal kam es vor, dass sie den Topf mit der Milch umstießen. Die Milch wurde getrunken und im Haushalt verwendet, Kuhmilch wurde nicht gekauft.
Von einem aufgegebenen Bauernhof hatten wir eine kleine Milchzentrifuge bekommen und konnten nun aus der überschüssigen Ziegen- und Schafmilch selber Butter herstellen. Dazu musste mit der Zentrifuge erst einmal der Rahm von der Milch getrennt werden. Die Magermilch wurde in der Küche verwendet, und was dort nicht benötigt wurde, kam ins Tierfutter.
Die Zentrifuge hatten wir Kinder abwechselnd zu bedienen. In den großen Trichter wurde eine Partie Milch hineingegossen. Dann wurde die Zentrifuge mit einer Handkurbel gedreht, wobei wir die notwendige Drehzahl genau einzuhalten hatten. Wenn nicht schnell genug gedreht wurde, schlug eine im Griff angebrachte Glocke an. Unsere Mutter hatte ein Ohr dafür und ermahnte uns sofort, wenn die Glocke nur etwas antickte. Der Trichter wurde immer wieder aufgefüllt, bis der ganze Milchvorrat verarbeitet war. Anschließend musste die Zentrifuge gründlich gereinigt werden.
Der Rahm wurde ein paar Tage gesammelt, und wenn genügend vorhanden war, wurde aus dem inzwischen sauer gewordenen Rahm Butter gemacht. Wir benutzten eine Tonkruke mit einem hölzernen Deckel, durch den ein langer Stab mit einer unten angebrachten gelochten Scheibe führte. Die Scheibe wurde auf und ab bewegt, wobei sich der Rahm zu Butter verdichtete und von der Molke getrennt wurde. Ein frischer noch warmer Feinbrotknust mit selbst gemachter Butter war für uns eine Delikatesse. Der erste Knust vom frischen Brot war der ‘Lachknust’, der letzte von dem dann schon älteren Brot, war der ‘Weinknust’.
Durch die selbst angebauten eigenen Erzeugnisse aus Garten und Wiese konnten wir uns gesund ernähren und so die Not der Kriegs- und Nachkriegsjahre etwas mildern. Für mich sind es Erinnerungen an eine schöne und unbeschwerte Kindheit.“