Nach dem Ende des Nationalsozialismus hatte die Bevölkerung ein großes Bedürfnis nach kulturellen Veranstaltungen. Anna-Katharina Lindner fasst die Entwicklungen in Hamburg und Reinbek zusammen:
Alle kulturellen Angebote bedurften der Genehmigung der britischen Militärregierung. Die Nachfrage nach Theateraufführungen, Musikdarbietungen und Vorträgen war so gewaltig, dass z.B. in Hamburg alle Vorstellungen von 1945 bis 1948 vor ausverkauften Häusern stattfanden. Es ist daher nicht verwunderlich, dass im Dezember 1945 die Volksbühne für Hamburg und Umland neu gegründet wurde. Sie war auf Stücke angewiesen, die die Hamburger Bühnen anboten. Der Zulauf war groß. Schon 1946 hatte die Volksbühne 30.000 Mitglieder.
Die Hamburger Theater wurden offiziell ab Januar 1946 wieder eröffnet. Da mehrere Bühnen weitgehend zerstört waren und das Schauspielhaus bis Oktober 1949 von der englischen Militärregierung beschlagnahmt war, behalf man sich mit anderen Veranstaltungsorten. Einige Bühnen waren behelfsmäßig wieder hergestellt, aber man nutzte auch den Saal des Gewerkschaftshauses am Besenbinderhof, die Halle der Sparkasse in Altona, die Musikhalle oder Schulbühnen für Aufführungen.
Im Juli 1945 begannen in der Hamburger Musikhalle wieder die Philharmonischen Konzerte unter der Leitung von Eugen Jochum. Auch das Rundfunkorchester mit dem Chefdirigenten Schmidt-Isserstedt, das neugegründete Hamburger Sinfonie-Orchester und mehrere leistungsstarke Chöre boten von 1945 an dem musikliebenden Publikum viele schöne Stunden.
Der Hamburger Rundfunk war 1945 der erste Sender, der in der britischen Zone wieder ein Programm ausstrahlte. Zunächst war er der Sender der britischen Militärregierung, die auf diesem Wege ihre Nachrichten verbreitete. Aber bald schon durfte er als „Radio Hamburg“ abends eigene Sendungen geben. Nach 1945 wurde aus „Radio Hamburg“ der Nordwestdeutsche Rundfunk (NWDR) mit Köln, Hannover und Berlin. Er konnte sein eigenes Programm gestalten. Solange der NWDR noch keine eigenen Tonstudios hatte, wurden die Tonaufzeichnungen im neuen Sachsenwaldtheater in Reinbek gemacht.
Nach den Jahren der Absperrung wollte man den Anschluss an die literarische Geistesentwicklung der Welt wieder finden. Das Lesebedürfnis war ungewöhnlich groß. Während in Reinbek die Volksbücherei nach dem Krieg noch bis 1947/48 vor anderen Notwendigkeiten zurückstehen musste, begann man in Hamburg die zwei (von acht) verbliebenen Bücherhallen wieder herzurichten. Vor der Öffnung musste auf Anweisung der englischen Militärregierung die Säuberung der Bücherbestände von nationalsozialistischem Schrifttum vorgenommen werden. Besonders die Kinderlesezimmer, die für viele Kinder eine Zuflucht bedeuteten, stießen auf großes Interesse.
In Reinbek bat man im Herbst 1947 in einem Aufruf die Bevölkerung um Bücherspenden. 1948 konnte dann im Keller bei Nagel eine Volksbücherei eröffnet werden; Luise Bauck war die Leiterin.
Unmittelbar nach Kriegsende gab es keine Zeitungen. Bekanntmachungen der Militärregierung erfolgten durch Rundfunk und durch Anschlag. Im Mai bzw. Juni 1945 erschienen als Zeitungen der Militärregierung das „Hamburger Nachrichtenblatt“ und die „Neue Hamburger Presse“. Im April 1946 erteilten die Militärbehörden Lizenzen an folgende Zeitungen: „Hamburger Echo“, „Hamburger Freie Presse“, „Hamburger Allgemeine Volkszeitung“, „Die Welt“ und „Die Zeit“.
In Reinbek entstand 1946 als erstes neu errichtetes Gebäude das Sachsenwaldtheater an der Stelle, an der heute das Sachsenwaldforum steht. Schon bevor dieser Bau als Theater- und Kinoraum zur Verfügung stand, wurde der Reinbeker Bevölkerung vor Ort ein reichhaltiges Kulturangebot gemacht. Vorträge, Konzerte, Lesungen und Bunte Abende, Theatervorstellungen, Lichtbildvorträge, Kino, Niederdeutsche Lesungen und Varietéveranstaltungen fanden statt. Die Deutsche Hilfsgemeinschaft e.V. mit ihrer Ortsdienststelle Reinbek war in dieser Hinsicht besonders aktiv. Von 1946 an bot sie der Reinbeker Bevölkerung monatlich eine Veranstaltung. Man behalf sich mit dem Saal des Kaffeehauses Nagel, soweit ihn die Militärregierung dafür freigab und genügend Heizmaterial zur Verfügung stand, mit der Aula der Sachsenwaldoberschule und mit Timms Saal vom „Gasthof zur Schmiede“.
Zum kulturellen Leben Reinbeks hat besonders auch die Volkshochschule beigetragen. Sie wurde bereits 1946 als Abendvolkshochschule gegründet. Die Militärregierung hatte diese Gründung im Hinblick auf eine Möglichkeit zur Umorientierung der Bevölkerung stark unterstützt. Im Februar 1947 konnte man endlich mit den Kursen beginnen. Es war schwierig gewesen, geeignete Dozenten zu finden. Besondere Förderer und Mitbegründer dieser Einrichtung waren der aus dem Konzentrationslager Theresienstadt zurückgekehrte Oberlandesgerichtsrat Dr. Arthur Goldschmidt, Prof. Dr. Ludwig Landgrebe, Dr. Max Hackemesser, Prof. Dr. Fritz Heske vom Weltforstwirtschafts-Institut und der Bildhauer Achilles. Die ersten Veranstaltungen der VHS waren Vorträge und Arbeitsgemeinschaften aus den Gebieten der Religion, Dichtung, Geschichte, Weltanschauung, Naturwissenschaften, Gesundheitslehre und Sprachen. Die Kurse fanden in ungeheizten Klassenräumen der Sachsenwaldschule und auch in Privathäusern statt. Trotz schwierigster Umstände war die Teilnehmerzahl bemerkenswert groß. Schon 1947 bildete sich auch eine Laienspielgruppe, der die Reinbeker weitere kulturelle Höhepunkte verdankten.
Der Initiative einzelner Personen und einiger Vereine war es in den ersten Nachkriegsjahren zuzuschreiben, dass die Bevölkerung Reinbeks aus vielen Kulturangeboten wählen konnte. Zugleich spornte aber auch der „Hunger“ nach Kulturveranstaltungen diese Initiativen an und half, viele Schwierigkeiten dieser Jahre zu überwinden.