Ilse Landgrebe geb. Goldtschmidt erinnert sich an Kriegsbegeisterung und schwarz-weiß-roten Kuchen zu Beginn und das Hungern und Hamstern am Ende des Ersten Weltkrieges:
„Aus den ersten Wochen des Krieges habe ich noch einige Erinnerungen. ‘Hurra’ und Begeisterung waren sogar für ein kleines Mädchen von 8 Jahren intensiv zu spüren. Umjubelte Extrablätter und Siegesnachrichten waren an der Tagesordnung. Mein Geburtstagstisch war ganz in Schwarz-Weiß-Rot. Unzählige Fähnchen winkten, der Kuchen hatte einen schwarz-weiß-roten Zuckerguß, meine große Puppe Bärbele saß in einem neuen Kleid ganz mit schwarz-weiß-roten Schleifen geschmückt, und ich bekam eine schwarz-weiß-rote Halskette.
Weihnachten 1914 packte meine Mutter Feldpostpakete für ihre vier Brüder, die alle im Felde waren, in dickes, gelbes Ölpapier. Mein Vater wurde wegen Gelenkrheuma nicht eingezogen. Das empfand er, wie ich erst später erfuhr, als großen Nachteil. Schon 1917 wurde die Ernährung miserabel, woran ich mich – ich wurde damals 11 – noch gut erinnere. Mein Vater, in vollkommenster Weise korrekt wie er war, duldete nicht im leisesten, dass gehamstert wurde, was doch damals recht allgemein üblich war. Es gab nur das zu Essen, was es auf Karten gab. Das war wenig genug, und das Hungern war wesentlich schlimmer als im und vor allem nach dem 2. Weltkrieg. Meine Mutter rationierte radikal. Alles wurde auf der Briefwaage abgewogen. Ich erinnere mich, dass es 60g Butter pro Woche und Person gab, die für jeden in eine kleine Butterdose gefüllt wurde. Das Brot wurde aufgeschnitten, jeder hatte eine hübsche Blechdose mit Rosen darauf für das Brot für den ganzen Tag. Es gab in erster Linie Steckrüben zu essen, in jeder nur erdenklichen Form.“