Otto-H. Harders berichtet vom Kindervogelschießen, einem alljährlichen Highlight für die Kleinen und Kleineren.
„Vogelschießen“, das Kinderfest der Reinbeker Volksschule, fand ursprünglich unabhängig vom Schützenfest unmittelbar vor den Sommerferien statt und dauerte zwei Tage.
Am ersten Tag trafen sich die Schüler in der Loddenallee. Die einzelnen Klassen veranstalteten Wettspiele, zu denen die Preise von Reinbeker Bürgern und Geschäftsleuten gestiftet wurden. Die Jungen der älteren Jahrgänge schossen mit der Armbrust auf einen hölzernen Adler, der am oberen Ende einer langen Stange befestigt war. Er musste so getroffen werden, dass einzelne Teile, die unterschiedlich bewertet waren, herunterfielen. Wer das Herz aus dem Rumpf schoss, wurde König.
Die großen Mädchen ermittelten ihre Königin durch Vogel- oder Fischpicken. Ein an einer Schnur hängender Vogel oder Fisch musste mit seiner Metallspitze die Zielscheibe treffen. Die unteren Klassen machten eigene Wettbewerbe wie Ballwerfen in einen hölzernen Papierkorb, Eierlaufen, Sackhüpfen, Flitzbogenweitschießen und Topschlagen.
Am nächsten Tag nahmen die Kinder in der Schule ihre erkämpfen Preise in Empfang. Königinnen und Könige durften als erste aus den Geschenken auswählen. Festlich gekleidet trafen sich die Kinder dann am Nachmittag wieder in der Schule, um klassenweise am Festumzug teilzunehmen. Die Mädchen gingen unter Blumenbögen und hatten Blütenkränze im Haar. Die Jungen trugen Blumenstöcke in der Hand, und die Majestäten waren mit farbigen Schärpen geschmückt. Unter Musikbegleitung führte der Umzug durch den Ort zum Hotel Landhaus und in späteren Jahren zum Café Nagel. Nach einer gemeinsamen Kaffeetafel spielte die Musik zum Tanz. Der erste Tanz gehörte den Königspaaren.
Nach 1933 wurde das Kindervogelschießen in das Reinbeker Heimat- und Schützenfest eingebunden. Aus dem Sachsenwaldboten vom 12. Juni 1937:
„Das Kindervogelschießen der Volksschule wird auch in diesem Jahr aus der Verbundenheit der Schule mit der Elternschaft und der gesamten Bevölkerung heraus in das Reinbeker Volks- und Schützenfest hineingebaut werden. Das Armbrustschießen und die Kampf- und Wettspiele finden am Sonnabendnachmittag ab 16 Uhr in der Loddenallee und der Wildkoppel statt. Der Festzug wird sich am Montag, dem 21. Juni, zwischen 14 und 15 Uhr, durch die Schulstraße, den Jahnckeweg, die Schönningstedter Straße, den Schmiedesberg, durch die Straße An der Wildkoppel, die Sophienstraße, Bahnhofstraße und Hamburgerstraße bewegen. An den Festzug schließt sich eine gemeinsame Kinder-Kaffeetafel in den Zelten der Festwiese an. Den Abschluß des Vogelschießens bildet die Tanzbelustigung der Schuljugend von 16.30 bis 19.30 Uhr. Der Lehrkörper der Volksschule bittet Elternschaft und Bevölkerung um rege Teilnahme.“
Nach dem Kriege nahmen nur noch die Grundschulklassen daran teil. Sie machten ihre Wettspiele auf dem Schulgelände und zogen dann mit Musik zum Festzelt in der Loddenallee. Zwar gibt es auch heute noch Schulfeste, aber den Festumzug in die Loddenallee gibt es nicht mehr.