Aufgrund gesetzlicher Auflagen gibt es heute immer weniger Landschlachtereien. Gleiches gilt für private Hausschlachtungen. Früher war das anders, wie Hans-Peter Bünger erzählt:
„Bei uns zu Hause wurde noch selbst geschlachtet. Wir hatten zwar keinen Bauernhof, aber einen großen Garten und jede Menge Viehzeug. Nach dem Schlachten der Tiere und dem Abhängen (dem Auskühlen) wurden die zum Räuchern bestimmten Teile, Speck und Schinken, zugeschnitten und zum Pökeln in ein Fass mit einer konzentrierten Salzlake eingestapelt. Mehrmals wöchentlich wurden die Stücke gewendet und wieder eingestapelt. Nach etwa zwei bis drei Wochen war dieser Vorgang beendet. Die Stücke wurden abgetrocknet und mit einer großen Sattlernadel durchbohrt. Dort wurde eine Schlaufe aus einem starken Band durchgezogen. Anschließend wurden sie mit einer Mischung aus Kräutern, Pfeffer und ein wenig Salz kräftig eingerieben und in die Räucherkammer gehängt.
In der ersten Zeit nach dem Krieg bestand unsere Räucherkammer aus einem großen Holzfass, welches Vater irgendwo aufgegabelt und auf seinem übergroßen Fahrradgepäckträger nach Hause geschafft hatte.
Das Fass wurde an einer gut getarnten Stelle im Garten – Diebe gab es damals noch mehr als heute, vor allen Dingen bei Lebensmitteln – aufgebaut. Der Boden wurde heraus gebrochen und am oberen Rand erhielt das Fass Bohrungen, durch die man Eisenstäbe stecken konnte, auf die das Fleisch gehängt wurde. Den Abschluss bildeten ein Sack, der meist etwas angefeuchtet wurde, und der Deckel eines alten Waschtopfes. Außerhalb des Fasses wurde ein etwa eineinhalb bis zwei Meter langer Graben angelegt, der direkt vor dem Fass endete. Mit einem kurzen Stück Ofenrohr und einem Knie stellte Vater die Verbindung in das Fass her. Der Graben wurde mit aufeinander geschichteten Mauersteinen ausgekleidet und am Ende eine kleine Grube für ein Feuer angelegt. Das ganze wurde gut mit Erde abgedeckt. Zum Räuchern zündete Vater in der Grube ein Feuer an und legte reichlich Buchenspäne darum herum. Wenn die Späne anfingen zu glimmen, verschloss er die Grube und der Rauch wurde in das Fass geleitet. Über Wochen und Monate, ob Schnee oder Eis, musste die Prozedur mit dem Feuer täglich wiederholt werden.
Später opferte Vater eine Ecke in seiner Werkstatt für eine Räucherkammer. Die hatte eine Grundfläche von etwa einem Quadratmeter, war komplett mit Blech ausgeschlagen und hatte ein flexibles Abzugsrohr mit einem Absperrschieber. Die Tür war rundherum mit einer Gummidichtung versehen und wurde fest verkeilt, wenn das Feuer schwelte. Ein Lüftungsschieber im unteren Bereich sorgte in Verbindung mit dem Abzugsrohr für die nötige Zugluft. Mit dieser Kammer war unser Räucherverfahren sehr komfortabel geworden und auch in der kalten Jahreszeit war die Kammer bequem zu beschicken und zu kontrollieren.
Das Feuer wurde in einem alten Metalleinsatz aus einem Wecktopf entzündet. Das ging besonders gut, weil er Löcher im Boden hatte. Vater steckte ein Rundholz in die Mitte des Topfes und presste Buchenspäne bis zum Rand des Behälters um das Rundholz. Dann wurde das Rundholz entfernt und in das Loch ein angezündeter Fidibus aus zusammengedrücktem Zeitungspapier gesteckt. Sobald die Späne brannten, wurde die Tür geschlossen und verkeilt. Die Späne glimmten nur noch und entwickelten kräftigen Rauch in der Kammer.
Geschlachtet wurde bei uns in der Regel im November/Dezember. Die ersten Würste (Leber- und Rotwurst) waren bereits im Februar/März fertig. Mettwurst und Speck konnte man einige Wochen später genießen, der Schinken aber wurde in der Regel zum ersten Spargel aus unserem Garten angeschnitten. Für die ganze Familie war das ein Fest und ein richtiger Hochgenuss. Nie wieder habe ich solch einen Schinken und solche Würste wie zu Hause gefunden.“