So stilecht wie das Schloss Reinbek heute aussieht, könnte man meinen, es stehe seit der Fertigstellung unverändert da – was allerdings nicht stimmt. Tatsächlich hat es eine bewegte Geschichte und An-, Um- und Rückbauten erlebt:
Bauherr von Schloss Reinbek war Herzog Adolf zu Schleswig-Holstein-Gottorf, der seinem eher bescheidenem Fürstentum zu europäischer Geltung verhelfen wollte. Er stand zeitweise als Heerführer in ausländischen Diensten. Dabei begleitete er auch den spanischen Thronfolger Philipp auf der Huldigungsreise durch die spanischen Niederlande. Dort lernte er eine reiche und blühende Landschaft kennen. Seinen Rang und die damit verbundene politische Stellung seines Herzogtums ließ er durch verschiedene repräsentative Neubauten ausdrücken. So gab er 1572 den Auftrag zum Bau des Reinbeker Schlosses. Es wurde im Stil der niederländischen Renaissance gebaut und bis 1576 fertig gestellt. Nach dem Tode Herzog Adolfs erhielt das Schloss den Status eines Leibgedinges und diente den herzoglichen Witwen als Wohnstatt. So wurde es von seiner Witwe Christine von Hessen genutzt und diente später der Witwe seines Sohnes Johann Adolf, Augusta von Dänemark, als gelegentliche Residenz. Die Herzogin nahm am Schloss um 1620 einige Erweiterungen vor.
Während des Dreißigjährigen Krieges wurde das Schloss zuerst durch schwedische und später durch kaiserliche Truppen besetzt, entging jedoch Plünderung und Zerstörung. In der folgenden Zeit spielte es jedoch als herzogliche Residenz keine bedeutende Rolle mehr. Es war Sitz des herzoglich-gottorfschen Amtmannes.
1773 ging das Schloss infolge des Vertrags von Zarskoje Selo in dänischen Besitz über. Das Schloss diente weiter als Amtssitz, nur dass die vormals herzoglichen Beamten in russischen Diensten nun zu königlich-dänischen Angestellten wurden. Besuche des Königshauses waren selten und die einstige Gottorfer Nebenresidenz diente weiterhin fast ausschließlich als Verwaltungsbau.
Das Schloss befand sich in zunehmend schlechterem Zustand und wurde um 1776 instand gesetzt. Da die laufenden Reparaturen und Betriebskosten jedoch als unangemessen für einen Verwaltungssitz erschienen, wurde vom Ende des 18. bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts mehrfach über einen Abriss nachgedacht. Ein drohender Abbruch wurde 1818 jedoch durch ein Gutachten des Regierungsbaumeisters Christian Frederik Hansen verhindert.
Das Schloss Reinbek nach 1866
Infolge des Deutsch-Dänischen-Krieges ging das Herzogtum Holstein 1866 an Preußen über, und das Schloss diente kurzzeitig als Sitz des Landrats. 1873 wurde das Landratsamt nach Wandsbek verlegt und Schloss Reinbek wurde versteigert. Der neue Besitzer veräußerte es schon kurz darauf an die Familie Specht, die das Schloss in der Folgezeit zum Hotel ausbaute. Diese Funktion behielt es bis zum Ende des Ersten Weltkriegs.
1919 verkaufte die Familie Specht das Anwesen an Margarete von Patow, die in dem Gebäude das christlich geprägte Erholungsheim Pniel einrichtete. Zwanzig Jahre später veräußerte sie alles an die Stadt Hamburg, die hier ab 1939 das Reichsinstitut für koloniale Forstwirtschaft, die spätere Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft unterbrachte.
Von 1946 bis 1969 nutzte das Institut für Pharmazeutische Chemie der Universität Hamburg den Nordflügel für Laborarbeit und Vorlesungen.
Das Reinbeker Schloss heute
1972 kauften der Kreis Stormarn und die Stadt Reinbek das Gebäude. Der Erwerb hatte zum Ziel, dieses bau- und landesgeschichtlich so bedeutsame Gebäude zu erhalten, in absehbarer Zeit zu restaurieren und mit einem neuen kulturellen Inhalt zu füllen. Auf der Grundlage eines Gutachtens aus dem Jahre 1975 konnte 1977 mit Mitteln des Bundes, des Landes Schleswig-Holstein, des Kreises Stormarn und der Stadt Reinbek ein Betrag in Höhe von DM 5,5 Millionen bereitgestellt und am 3.3.1978 mit den Bauarbeiten begonnen werden.
Um die Substanz des Schlosses zu retten, war es wegen der knappen Geldmittel zunächst notwendig, das Äußere des Hauses zu erneuern. Es wurden
-die maßstablosen bisherigen Erker entfernt und das Dach mit seinen charakteristischen Gauben wieder in Schiefer eingedeckt,
-das Mauerwerk erneuert und sämtliche vierteiligen Sandsteinkreuzfenster in historischen Formen des 16. Jahrhunderts nach holländischen Vorbildern mit Bleiverglasung und farbigen Holzluken wieder hergestellt sowie
-die für diesen Bau einmaligen Hofarkaden wieder vollständig geöffnet und dafür das gotisierende Treppenhaus von 1874 entfernt.
Während der durchgeführten Baumaßnahmen, ständig begleitet von bauhistorischen Untersuchungen des Landesamtes für Denkmalpflege, wurden im Innern des Schlosses in fast allen Räumen wertvolle, originale Deckenmalereien des späten 16. Jahrhunderts – und zum Teil auch Wandmalereien und Tapeten späterer Zeit – entdeckt und freigelegt.
Diese Entdeckungen führten zu der Entscheidung, die geplante Nutzung des Schlosses den historischen Räumen und der Raumfolgen anzupassen.
Bei den Restaurierungsmaßnahmen von 1977 bis 1987 wurden alle Veränderungen, die das Schloss erfahren hatte, rückgängig gemacht. Das Bauwerk wurde wieder weitgehend in den Zustand zur Zeit Herzogin Augustas von Dänemark versetzt. Sie hatte Schloss Reinbek zeitweilig als Residenz genutzt und um 1620 einige bauliche Veränderungen vorgenommen.
Das Schloss ist in seiner heutigen Gestalt das am besten erhaltene Beispiel eines Adelssitzes im Stil der niederländischen Renaissance in Schleswig-Holstein.