Im 19. Jahrhundert waren die Wohnverhältnisse in den Städten oft katastrophal. In Reinbek – zu dieser Zeit ein Gemeinwesen mit knapp 200 Einwohnern – halfen Gartenprodukte und Kleintierhaltung den Menschen, ihre Ernährung zu sichern. Aber die Hilfe von besser gestellten Familien war immer willkommen. Gudrun Schmidt erzählt über Helfer und Hilfsorganisationen:
Auf Initiative von Gastwirt Susemihl und Postbote Linau wurde 1865 ein „Reinbeker Krankenverein“ vor allem für Fabrikarbeiter gegründet. Andere Reinbeker Bürger bauten eine Gemeinde-Schwesternstation auf, die in einem Haus Dr. Odefeys an der Bismarckstraße unterkam, und eine Warteschule.
Eine andere Form der Hilfe war die Einrichtung einer „Industrieschule für Mädchen“ 1870 in der Reinbeker Volksschule durch ebenfalls privat engagierte Frauen aus gut situierten Reinbeker Familien. Mädchen aus armen Familien, deren Eltern sie nach kurzem Schulbesuch in die Fabriken der Umgebung schickten, um das Familieneinkommen aufzubessern, konnten hier wenigstens mit einigen technischen Grundkenntnissen für ihre Arbeit ausgestattet werden.
1869 wurde in Reinbek der „Vaterländische Frauenverein“ gegründet, ein Vorläufer des noch heute bestehenden Ortsverbandes des Deutschen Roten Kreuzes. Veranlassung für diese Gründung waren zwei Kriege, der Deutsch-Dänische (1864) und der Preußisch-Österreichische (1866), in dem das „Reinbeker Hilfs-Comité“ bereits Versorgungseinheiten an die Front geschickt hatte. Während die Männer ins Feld zogen, nahmen sich die Frauen der Verwundeten und Kranken an. In den anschließenden Friedenszeiten sorgte für alle Notleidenden der „Vaterländische Frauenverein“, dessen Mitglieder aus vielen bekannten Familien kamen, wie den Bahnsens, den Baetckes, den Gleisners, den Soltaus, den Dobberkaus und vielen anderen. Höhepunkt des Vereinslebens war die alljährliche Weihnachtsfeier im (damaligen) Hotel Schloss Reinbek, wohin Bedürftige zur Bescherung eingeladen wurden.
Im 20. Jahrhundert erforderten dann erneut zwei große Kriege den Einsatz der Hilfsorganisationen. Bereits zu Beginn des 1. Weltkrieges richteten junge Mädchen in Schwesterntracht auf dem Reinbeker Bahnhof für die Truppentransporte einen Verpflegungsdienst des Roten Kreuzes ein. Mit Eintreffen der Lazarettzüge im weiteren Verlauf des Krieges wurde dieser Dienst intensiviert. Fast alle Frauen und Mädchen des Ortes nahmen daran teil.
Nach dem 2. Weltkrieg waren wieder große Probleme zu bewältigen. Neben den Vertretern der Gemeinde bemühten sich auch private Organisationen, die große soziale Not der Überlebenden, der Ausgebombten, Vertriebenen und Flüchtlinge zu lindern.