Mechthild Pirson erzählt im zweiten Teil ihrer Erinnerungen an den Ihnenpark der 30er Jahre von den Kinderfreuden der kalten Jahreszeit und vom Interessengegensatz zwischen Eigentümern und Rodlern.
Der Gartenweg trennte schon immer die Grundstücke, der Lindensteg auch, beide noch Sandwege, was beim Lindensteg das Rodeln begünstigte, allerdings auch den Zorn sowohl der Anwohner als der Kinder erregte: die einen wollten streuen, die andern wollten ungebremst rutschen. Womit ich bei den Vergnügungen der Jugend bin. Für die Kleinen gab es, meine ich, noch nicht die obligatorischen Sandkisten, sondern irgendwo im Garten wurden Löcher gebuddelt, wurde Sand aufgehäuft. Der Rest war Phantasie. Die blühte bei mir zum Beispiel, wenn wir vor dem Cloppenburgischen Grundstück in der Bernhard-Ihnen-Straße (2) am Knick zwischen Baum- und Strauchwurzeln Behausungen für Hexen, Zwerge herauskratzten. Hier spielten auch die Kinder der Familien Nossing (9a), Popp (9), Stein (5). Übrigens wohnte gegenüber von Cloppenburg ein Mann, den man heute ein Faktotum nennen würde: Herr Knoop, ein alter Fahrensmann. Er schenkte mir kleinem Mädchen eine seidene zusammenfaltbare Ampel aus fernen Ländern, ein Wunderding. Er besaß ein Schaf – oder waren es zwei? Mir ist ein schwarzes mit Namen Jolly im Gedächtnis. Mit ihm ging er spazieren, und ihm baute er ein hübsches, sogar stilechtes Haus vorne am Weg, genauso wie sein eigenes aus naturfarbenem Holz. War das Wohnhaus nicht einstöckig, aber erhöht mit einer Art Balkon über die Hausbreite und vom Garten her begehbar? Übrigens, im Ihnenpark fiel ein anderes Haus vom Material her aus dem Rahmen. Waren sonst alle aus Backsteinen, rot, geschlemmt oder verputzt, dieses ist aus Holz (Nr. 18).
Ich bin vom Spielen abgekommen. Schaukeln war damals eine Selbstverständlichkeit. Irgendwo im Garten fand sich immer ein Platz für das Gestänge, selbst wenn der Raum eigentlich für Gemüse nutzbringender hätte sein können. Im Krieg und in der Nachkriegszeit war das natürlich eine lebenswichtige Frage, die Vorrang hatte.
Wunderbar war die Winterzeit auf den Billewiesen, wenn die Kühe im Stall waren, wenn die Wehre geschlossen wurden und das Wasser endlich zu Eis wurde. Dann konnten wir Schlittschuh laufen nach der Schule, bis die Eltern zur Heimkehr riefen. Meine Mutter, weit weg von der Bille wohnend, machte das mit einer Trillerpfeife. Wie bei einem Stafettenlauf wurde die Nachricht von irgendwelchen Zwischenstationen überbracht: „Deine Mutter hat gepfiffen!“ Weniger anspruchsvoll vergnügten wir uns zuweilen auf einem Teich, der sich bei starkem Regen Ecke Schönningstedter Straße / Wohltorfer Straße auf dem Feld gebildet hatte, der zufror, zum Schlittern einlud und sogar zur Gründung eines Kurzzeit-Clubs führte. Der Blocksberg war ideal zum Schlittenfahren, wenn genug Schnee die tiefen Ackerfurchen aus-füllte.
Diese Furchen kratzten beim Skilaufen querfeldein manchmal bedenklich an den mühsam gewachsten Brettern. Die gaben wir während des Krieges für „unsere Soldaten“ ab. Sie er-reichten den Bestimmungsort an der Front nie, lagen angeblich auf einem Haufen in Glinde.