Im ersten Teil der Geschichte des Sophienbades berichtet Gerhild Arndt von der Nutzung des Sophienbades als Kurort bis 1910. In den darauf folgenden 100 Jahren änderten sich die Nutzung in rascher Folge, bis schließlich das Amtsgericht das Gebäude bezog.
Im Jahre 1917 ging die gesamte Anstalt an einen Verband der Ortskrankenkassen über. Das Sophienbad wurde nun ein „Genesungsheim“. Im Garten war ein kleiner Brunnen eingerichtet, den man „Sophienquelle“ nannte, obwohl sich das eigentliche Quellhäuschen weiter entfernt in der Wildkoppel befand.
In den 1930er Jahren erwarb die Landesversicherungsanstalt Hamburg das Haus und machte es zu einem Jugendheim. Eine Hamburger Zeitung schreibt am 20. 6. 1939 im typischen Stil der damaligen Zeit:
“Insgesamt 120 erbwertige Kinder sind in dem neuen Reinbeker Jugendheim untergebracht worden. Mit der Schaffung des Jugendheims findet die Absicht des Landesjugendamtes, erziehungsbedürftige Kinder aus der Großstadt in eine gesunde Umgebung zu bringen, ihren praktischen Ausdruck.“
Am Schluss des Artikels heißt es noch:
“[…] wer vor allem den Heimleiter kennt und die Hausmutter und seine sonstigen Mitarbeiter, der weiß, daß hier wichtige nationalsozialistische Erziehungsarbeit geleistet wird, damit aus den Kindern stramme Kerle und frische deutsche Mädel werden.“
In der NS-Zeit nutzte man die Wildkoppel für ideologische Zwecke, drainierte das nördliche Gelände, um einen Aufmarschplatz, genannt „Thingplatz“, zu errichten. Das Bild zeigt noch das geschmückte Quellhäuschen 1938 zur 700-Jahr-Feier Reinbeks.
Im Stadtarchiv befindet sich ein mehrseitiger „Vorschlag zur Gestaltung der Sophienquelle“ von 1934. Der Text ist in seiner ideologischen Schwülstigkeit kaum zu übertreffen:
„Sophienquell im Freiheitsbrunnen des heiligen Haines zu Reinbek
[…] So mögen denn künftig, wenn die Gemeinde Reinbek zu Weihestunden am Quell der Weisheit im Freiheitsbrunnen sich versammelt, deutsche Jungfrauen, die künftigen Hüterinnen heiligen deutschen Herdfeuers, in feierlichem Zuge unter Weihegesängen einen ehernen Dreifuß herbeitragen, aus dem mit flackernder Flamme das Feuer emporlohe als Opferrauch zum Vater des Alls. Stählerne Arme deutscher Jünglinge heben den Dreifuß empor auf den deckenden Felsblock der Brunnenstube unter heiligem Schweigen der Volksgemeinde. Das Haupt der Gemeinde füllt ihn mit geeignetem Brennstoffe und eine altehrwürdige Mutter aus der Gemeinde entzündet diesen, dazu einen Spruch der Weisheit und des Segens raunend. Nun schöpft die Gattin des Gemeindeoberhauptes aus dem Quell der Weisheit und besprengt mit dem heiligen Wasser die zunächst stehenden Gemeindeglieder und eröffnet damit die Weihestunde für die Gemeinde, die sich in festlichem Zuge im heiligen Hain versammelte, ehe die Jungfrauen den Dreifuß herbeitrugen.“
Die Umgestaltung der Quelle nach diesen Vorschlägen wurde nicht vollzogen, aber nach 1938 wurde das alte Quellhäuschen abgerissen. An der Stelle entstand ein Tierbrunnen mit Waldtierfiguren aus Terrakotta, Eichhörnchen, Eichelhäher, in der Mitte Eulen. Der später zum Reinbeker Ehrenbürger ernannte Dr. med. Odefey stiftete eine namhafte Geldsumme für die Herstellung der Tiere. Leider wurde schon in den 1940er Jahren vieles an dem Brunnen durch Vandalismus zerstört. In den Kriegsjahren hatte man andere Sorgen, als die Restaurierung dieses Zierbrunnens, und so dauerte es bis 1950, ehe er wieder in Ordnung gebracht wurde.
Die Tierfiguren wurden nicht erneuert, diesmal setzte man, – wieder mit finanzieller Unterstützung von Dr. Odefey – eine Märchenfigur auf den Mittelsockel: eine Prinzessin mit Froschkönig. 1961 wurde auch diese Figur zerstört, nach Erneuerung 1963 noch einmal, dann gab die Stadt auf. Mitglieder des Museumsvereins Reinbek brachten die an der Stelle existierende buschbedeckte Grünfläche 1992 wieder in Ordnung, sie wird nun von der Stadt weiter gepflegt.
Zurück zum Sophienbad: Am Ende des II. Weltkrieges, 1945/46, diente es den britischen Besatzungstruppen als Stützpunkt und Unterkunft. Danach war es Krankenhaus, sogar mit einer eigenen Geburtsabteilung. 1952 übernahm die Stadt Hamburg das Haus, und das Sophienbad wurde wieder Jugendheim. In einem Zeitungsartikel von 1975 lesen wir:
„..Kaum ein Reinbeker aber, so scheint es, hat sich je Gedanken darüber gemacht, was das für Kinder sind, die da mitten unter ihnen leben [….] man erfährt, daß hier Hamburger Kinder leben, die durchweg Fürsorgezöglinge sind. Beileibe keine kleinen Übeltäter und verwahrloste Geschöpfe. Grund für ihre Überstellung in ein Heim sind die familiären Verhältnisse, unter denen sie zu Hause aufgewachsen wären. Ihre Eltern haben zum Teil selbst um Erziehungshilfe nachgesucht, zum Teil hat die Jugendfürsorge bestimmt: Das Kind kommt nach Reinbek.“
70 junge Hamburgerinnen und Hamburger zwischen 6 und 13 Jahren lebten in Reinbek. Auf dem Gelände befand sich eine Heimschule, 1980 kam eine Turnhalle dazu. In den 1980er Jahren wurden auch Jugendliche im Heim untergebracht. Sie gingen z.T. auf die öffentlichen Schulen in Reinbek und Bergedorf.
Das Verhältnis der Reinbeker Bevölkerung zu den Kindern und Jugendlichen aus dem Heim wurde im Laufe der Jahre immer angespannter. Besonders die Bewohner der Häuser in der Nähe des Sophienbades beschwerten sich über mutwillige Zerstörungen und Diebstähle. Im Stadtarchiv befindet sich eine dicke Akte darüber. So beschloss die Hamburger Behörde im Jahre 1989/90 das Jugendheim zu schließen und die Bewohner in dezentralen Kinderhäusern und Jugendwohnungen unterzubringen. Der damalige Reinbeker Bürgermeister Kock begrüßte die Schließung.