In drei Teilen berichtet Mechthild Pirson, geb. Dix, von ihrer Kindheit und Jugend im Ihnenpark. Sie stellt Einwohner und ihre Häuser vor (Teil 1), erzählt von den Freuden des Winters (Teil 2) und schildert schließlich, wie sich die Versorgung und der Wohnkomfort später, d.h. in der Nachkriegszeit, veränderte.
Wir zogen 1934, ich war sechs Jahre alt, in den Ihnenpark, heute Bernhard-Ihnen-Straße 3 a, und mieteten für ein Jahr das dortige Haus, bis unser in der Wohltorfer Straße 8 gebautes Haus 1935 fertig wurde, so dass ich die Entwicklung dieses Ortsteiles, der bis 1974 zu Schönningstedt gehörte, etwas verfolgen kann.
Die von Bernhard Ihnen verkauften Parzellen waren in der Regel 1200 qm groß. Wir bezahlten für den qm 2,20 Mark. Laut Herrn Soltau sen., meinem rechten Nachbarn, war dies die mittlere Preislage im Vergleich zu der billigeren in der Wohltorfer Straße entlang dem Billetal oder der teureren in der Kückallee. Die ersten Grundstücke zogen sich entlang der Wohltorfer Straße und der späteren Bernhard-Ihnen-Straße und firmierten alle unter dem Oberbegriff Ihnenpark, in dem sich bis zum Beginn des zweiten Weltkrieges wohl die meisten Bewohner kannten und eine gewisse Gemeinschaft bildeten. Laut Herrn Soltau standen, als er 1936 baute, ca. 42 Häuser in diesem Bereich. Da die Familien jung waren und meist Kinder gleichen Alters hatten, ergab sich schon daraus eine Gemeinsamkeit. Der tägliche Schulweg, vielleicht eine halbe Stunde zu Fuß nach Schönningstedt, verband die Jugend, Garten- und Hausinteressen die Erwachsenen.
Zurück zu den Häusern, von denen die ersten meines Wissens in den Jahren 1930 gebaut wurden, in Eigenregie mit einem Architekten, wobei jeder nach Bedarf, Vorstellungen und Geldbeutel agierte. Bei einigen Häusern erkennt man durch einen bestimmten Stil den gleichen Architekten. So baute der Reinbeker Architekt Emil Simon nicht nur unser Haus, sondern auch mehrere andere; wie ich nach wie vor meine, zeitlos und auch heute noch gut bewohnbar. Die Handwerker waren oft ortsansässig, so z.B. Maurermeister Karl Johns, Zimmermeister Wilhelm Rump, Brunnenbauer Wippig alle aus Reinbek, ebenso Tischlermeister Hug aus Schönningstedt, während Klempnermeister Wegner aus Wentorf kam. Die Güte ihrer Arbeit beweist sich noch heute.
Die Wohltorfer Straße mit Kopfsteinpflaster und seitlichem Sandweg war durch einen Knick von den Feldern des Bismarckschen Besitzes im Norden begrenzt. Der Blick ging frei hinüber zur Windmühle von Ludwig Peter und zur „Einsamkeit“, dem kleinen Wäldchen im Nordosten bei Gut Silk. Dass die alten Eichen im Knick noch stehen, erkämpfte sich die Straße in der wohl ersten Bürgerinitiative Schönningstedts oder Reinbeks gegen Verantwortliche für die Gemeinde und den Straßenbau.
Keine Straßenbeleuchtung wies zunächst den Weg an dunklen Abenden. Sie kam erst 1936. Mein Großvater holte uns an dunklen Abenden mit der Stalllaterne vom Bahnhof Wohltorf ab, „unserer“ Bahnstation, weil sie entfernungsmäßig am günstigsten lag und es noch keine Preisunterschiede in den Fahrkarten nach Hamburg gab und es so keine Rolle spielte, ob man von Wohltorf oder Reinbek abfuhr.
An der südlichen Seite der Wohltorfer Straße standen bis ca. 1937 meines Wissens nur die Häuser Soltau (6), Dix (8), Brandow (12), Schütt (14), Grüttner (16), Bode (24), Kröger (28) und Lutter (44). Danach kam der umzäunte Teil des eigentlichen bzw. des restlichen Ihnen-Besitzes, in dessen verfallendem Garten sich zuweilen Wild verfing, mit dem Relikt aus Schlösschenzeiten, einem Tempel direkt an der Wohltorfer Straße (etwa 60 – 62, Wollenhaupt). Der weitere östliche Teil von Gerke (64) an war von schönen Bäumen bestanden, mitten drin das „Haus in der Sonne“ (Bernhard-Ihnen-Straße 29).
Holpern wir weiter auf der Wohltorfer Straße, stoßen wir nach der rechten Biegung auf die sich zum Billetal neigenden Grundstücke auf der Ostseite: Dr. Siemssen (61), Dr. Schlodtmann (63), Westphal (65), Röske (67) ich bin nicht sicher über die Bauzeit, Heidrich (69), Grauer-Carstensen (71) und Ganß (73). Der Weg geht weiter nach Osten über die Billebrücke und kreuzt hier die Grenze zum Herzogtum Lauenburg.
Ich wandere aber parallel zur Wohltorfer Straße wieder gen Westen, einen später gerne als Rodelberg genutzten kurzen Berg hinauf, umrunde quasi das Kernstück des Ihnenparks. Jetzt ist die Straße links und rechts locker bebaut, aber alles sind 1200 qm große Grundstücke, die erst nach dem Krieg nach und nach unterteilt wurden. Noch kann man links auf der Südseite von den Gärten aus in den Reinbeker Vorwerksbusch zum Spielen oder rechts in die Reste des Parkgeländes von Ihnen, wenn nicht der Gärtner Courvoisier gerade aufpasst, der noch längere Zeit im ehemaligen Gärtnerhaus des Schlösschens wohnte.
Einige der früheren Hausbesitzer in der Bernhard-Ihnen-Straße kenne ich noch mit Namen: Radde (36), Reher (34), von Uffel, (24), Berg (26), Dr. Hauck (20), Dr. Schönfeld (18), rechts dann Lorenz-Meyer (27), Dr. Neuhaus (25), Dr. Wagner (23). Die anderen Namen habe ich vergessen.