Einkaufen ohne Plastikverpackungen ist heute im Trend. Früher war es ganz normal. Davon und von vielem anderen erzählen die Mitglieder der Frauenhilfe der Ev. luth. Kirchengemeinde Reinbek-Mitte. Mitgeschrieben hat Gisela Manzel:
„Bei uns gab es eine Besonderheit im Ort: im Brotladen und später auch im Milchgeschäft stand in einer Ecke des Ladens eine Kaltmangel, auf der wir unsere Bettwäsche und andere große Teile selber mangeln konnten. Wenn wir fertig waren, bezahlten wir eine Kleinigkeit dafür. Später verbot dann ein Gesetz das Aufstellen von Mangeln in Lebensmittelgeschäften. Wo es möglich war, wurde dann auf dem Flur gemangelt.
Ich erinnere mich, dass in dem Krämerladen, in dem wir einkauften, Salz, Zucker, Mehl, Reis und ähnliches aus großen Schubladen in der Tonbank verkauft wurden. Abgefüllt wurde dann mit Schaufeln in spitze oder viereckige Tüten, die in Bündeln am Regal hingen. Für Gemüse wurden die Tüten teilweise aus Zeitungspapier auch selber gedreht.
Salzheringe, Gurken, Sauerkraut verkauften die Geschäfte damals aus Fässern, Marmelade aus großen Blecheimern und Himbeerbonbons aus Glashäfen. Oh, die Bonbons waren, neben den kleinen Kirsch-Lollis mit Stiel für 1 Pfennig, die große Leidenschaft von uns Kindern. Da gab es ganz unterschiedliche, aber am schönsten fand ich die Bonbons mit Blumenmustern.
Senf gab es auch nur lose. Wir holten ihn in einer Tasse ohne Henkel, die immer im Küchenschrank stand. War sie leer, gingen wir damit zum Kaufmann, und das war dann immer ‘für 5 Pfennig Senf’.
Butter wurde auch lose verkauft. Man holte sie mit kleinen geriffelten Holzbrettchen aus einem Fass und wickelte sie in gesalzenes Pergamentpapier ein. Das Papier habe ich immer abgeleckt, es war sehr viel salziger als die Butter selber. Und im Sommer gab es die ‘Gras-Butter’, die war richtig gelb! Maggi war in der Küche neben Pfeffer und Salz ein sehr gebräuchliches Gewürz. Es wurde im Laden aus einer großen Flasche in die kleinen Haushaltsflaschen abgefüllt. Neben Maggi gab es auch den bekannten ‘Liebig’s Fleischextrakt’ und mit ihm die beliebten Sammelbilder. Ganze Alben füllten sie im Laufe der Jahre. Auch einige Margarinehersteller hatten Sammelbilder in ihren Packungen, ebenso wie Stollwerck, Köllnflocken, Lux-Seife und verschiedene Ersatzkaffee- und Zigarettenmarken. Es gab als Sammelobjekte auch noch maschinengestickte Blüten und später kleine meist einfarbige Kunststoff-Figuren.
Bei uns wurden viele Lebensmittel auch ‘ausgefahren’, mit einem Fahrrad, das vorne einen großen Ständer mit einem Korb hatte, ähnlich den Rädern, wie sie die Postboten noch heute fahren. Ein Bote, meistens war es aber die Bäckersfrau selber, fuhr dann ganz früh morgens von Haus zu Haus und füllte die vorbestellten Brötchen in einen Beutel, der an einem Haken an der Haustür hing. Auch Milch wurde morgens in Flaschen vor die Tür gestellt. Bezahlt wurde dann sonnabends im Laden.
Einkaufen gingen viele Hausfrauen mit Körben, die häufig mit einer gestickten Decke bedeckt waren. So konnte keiner sehen, was es bei ihnen zum Mittag gab. Die Geschäfte waren früher auch so richtige Nachrichtenbörsen. Da man häufig lange warten musste bis man bedient wurde, konnten ausgiebig Neuigkeiten ausgetauscht werden. Und mit dem Ladenschluss wurde es auch nicht so genau genommen. Meistens wurde zwar die Ladentür um 19 Uhr abgeschlossen, wenn man aber etwas vergessen hatte, ging man auch mal ‘hintenrum’.
Mit der Bezahlung war es häufig so eine Sache. Das Geld reichte in manchen Haushalten in der Woche nicht aus, und dann gab es ‘Anschreibe-Bücher’, in denen der Kaufmann alle Artikel notierte, und zum Wochen- oder Monatsende wurde dann bezahlt. Das Anschreiben-lassen war bei den Geschäftsinhabern aber nicht sehr beliebt.
Im Zusammenhang mit den beiden Weltkriegen gab es Zeiten, da genügte Geld allein nicht, um einzukaufen. Man brauchte auch noch Lebensmittelmarken. Sie waren manchmal wertvoller als das eigentliche Zahlungsmittel. Wenn man Glück hatte, dann kannte man die Verkäuferin im Laden und bekam zum Beispiel auf Wunsch auch mal 1 Liter Milch, und sie schnitt nur die Marke für ½ Liter ab.
Aber meistens waren Lebensmittel so knapp, dass wir beispielsweise zu Weihnachten zwar für 3 Personen 300g Fleisch, also für jeden 100g bekommen hatten, aber keine Kartoffeln. Wir hatten keine ‘Beziehungen’, aber ein freundlicher Mensch schenkte uns am Hl. Abend einige Knollen, und so wurde es doch noch ein wunderschönes Weihnachtsessen. Kartoffeln waren zu der Zeit sowieso etwas ganz besonderes. Da wir einen Schrebergarten hatten, ging es uns vergleichbar mit anderen fast gut. So verschenkten wir einmal zu einer Hochzeit einen Eimer Kartoffeln und hatten dem Brautpaar damit das beste Geschenk gemacht.
Etwas bitter sang man damals auch schon mal: ‘Es geht alles vorüber, es geht alles vorbei, in jedem Dezember gibt’s wieder ein Ei.’ Wie geht es uns doch heute gut!“